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Mit Kreativität und Geschick gewonnen

In puncto Kreativität überzeugte die Komposition „Neugeboren“ für Gesang und Tischharfe die Jury und erhielt einen ersten Preis.
Das Cajón namens „happy ending“ gewann den ersten Preis in der Kategorie „technische Umsetzung des Themas“
In vielen Werken der Ausstellung „Wer bin ich und wer möchte ich sein“, die derzeit im Amtsgericht Quedlinburg gezeigt wird, spiegeln sich auch die Sehnsüchte des Kunstschaffenden.

Zwei Patienten des Maßregelvollzugszentrums Uchtspringe gehören zu den Preisträgern im diesjährigen Kunstwettbewerb des Landesverbandes für Kriminalprävention und Resozialisierung Sachsen-Anhalt e.V.. Dazu waren unter dem Leitmotiv „Wer bin ich und wer möchte ich sein?“ die Inhaftierten der Justizvollzugsanstalten sowie die Patienten des Maßregelvollzugs aufgerufen. Unter allen Einsendungen zeichnete die Jury in der Kategorie „technische Umsetzung des Themas“ das von Tobias E. erschaffene Musikinstrument – ein Cajón namens „happy ending“ - mit dem ersten Platz aus. In der Kategorie „Kreativität“ belegte das von André B. für die Tischharfe komponierte Lied „Neugeboren“ den ersten Platz. Eingereicht hatte er das Notenblatt plus Video, auf dem er sein Stück selbst spielt und singt. Die preisgekrönten Werke und weitere Wettbewerbsbeiträge, u.a. auch von Patienten aus Uchtspringe und der Außenstelle Lochow, können bis zum 15. September 2022 im Amtsgericht Quedlinburg (Adelheidstraße 2) zu den regulären Öffnungszeiten besichtigt werden.

Zum Hintergrund: Alljährlich ruft der Landesverband für Kriminalprävention und Resozialisierung Sachsen-Anhalt e.V. alle in den Justizvollzugsanstalten und im Maßregelvollzug inhaftierten bzw. untergebrachten Menschen zu einem Kunstwettbewerb auf. Eingereicht werden können Werke jeglicher Art des künstlerischen Schaffens - vom Bild bis zum Nähwerk, vom Gedicht bis zur Tischlerkunst. Der seit 1998 ausgeschriebene Kunstwettbewerb soll als Brücke zwischen den Menschen VOR und HINTER den Gittern zu mehr Transparenz und Verständnis beitragen. Den Teilnehmenden selbst bietet er eine künstlerische Möglichkeit um darzustellen, wie sie an sich arbeiten, sich verändern, Verantwortung übernehmen und letztlich ihre Chance auf Rückkehr in die Gesellschaft nutzen wollen. 

In den Einrichtungen des Maßregelvollzugszentrums Uchtspringe wird das künstlerisch-kreative Schaffen der Patienten, die am Wettbewerb teilnehmen wollen, eng mit der therapeutischen Arbeit verknüpft. So bot das diesjährige Thema „Wer bin ich und wer möchte ich sein?“ beispielsweise vielfältige Impulse, um sich mit Emotionen auseinanderzusetzen, die Selbstwahrnehmung zu stärken, Energien fließen zu lassen und dem eigenen Lebensthema künstlerischen Ausdruck zu verleihen. "Im künstlerischen Schaffensprozess erleben sich die Untergebrachten nicht mehr als krank, defizitär, gewalttätig oder nicht vereinbar mit Gesetz und Ordnung", erklärt die Dipl. Musikpädagogin und Musiktherapeutin Sandra Sinsch. "Angebote im Bereich Musik und bildender Kunst legen den Grundstein für ein Hobby, das auch nach der Entlassung bedeutsam sein kann", verweist sie auf die damit verbundenen Chancen bei der Resozialisierung. "Zahlreiche Untersuchungen belegen den Zusammenhang zwischen Straffälligkeit und Freizeitverhalten. Kunst eröffnet Handlungs-und Erlebnisfelder, in denen konstruktives und nicht-deliquentes Verhalten eingeübt wird. Gleichzeitig setzt das therapeutische Team mit einer derartigen Förderung das Grundrecht auf kulturelle Bildung und Teilhabe der Untergebrachten um."  In diesem Sinne haben also alle Wettbewerbsteilnehmer gewonnen – nicht nur die Preisträger.