So gelingt ein stressfreier Urlaub

von Ivonne Bolle

Diplom-Psychologin Karina Baumbach aus dem Salus Fachklinikum Uchtspringe gibt hilfreiche Tipps, um einen maximalen Erholungseffekt zu erzielen

Laut einer Umfrage der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung fühlen sich 37 Prozent im Urlaub gestresst bzw. stehen unter Strom. Ein Drittel hatte zusätzlich angegeben, an Schlafstörungen zu leiden. Fast jeder 15. war in seinem Urlaub schon einmal krank. 44 Prozent davon litten an einer Erkältung. Was kann man also tun, um eine mögliche Erkrankung zu vermeiden und einen maximalen Erholungseffekt in seinem wohlverdienten Urlaub zu erzielen? Dazu sprachen wir mit Karina Baumbach, Psychologin im Salus Fachklinikum Uchtspringe. Sie gibt Tipps, wie wir möglichst stressfrei starten können, so dass die Entspannung auch noch nach dem Urlaub so lang wie möglich wirken kann.

Frau Baumbach, was empfehlen Sie, damit man stressfrei in den Urlaub starten kann? 
Karina Baumbach:
Ich empfehle mehr Zeit für die Vorbereitungen einzuplanen. Sollte man bis kurz vor Reiseantritt arbeiten, würde ich für die Organisation 5 bis 7 Tage einplanen und schon das vorherige Wochenende dafür nutzen. Außerdem kann eine Checkliste hilfreich sein, um möglichem Chaos vorzubeugen. Was benötige ich an Kleidung? Was darf auf der Reise nicht fehlen? Wer gießt die Blumen in der Abwesenheit? Sind Haustiere zu versorgen? Wichtig ist, schon jetzt eine gute Balance zwischen An- und Entspannung zu finden. Einer allein braucht die Organisation der Urlaubsvorbereitung nicht schultern. Die Aufgaben dürfen gern verteilt werden. Eine ähnliche Vorgehensweise würde ich für die Urlaubsübergabe auf Arbeit empfehlen. Ein größerer zeitlicher Puffer, um die Übergabe gut zu planen, unterstützt dabei, den Druck zu nehmen. In Berufen, in denen das schwierig ist, hilft manchmal nur die Akzeptanz, dass nicht alles machbar ist und die Arbeit geduldig warten wird.

Im Urlaub sollte möglichst jede freie Minute effektiv genutzt werden. Wie kann so ein Tag sinnvoll gestaltet werden und möglichst nicht im Stress enden?
Karina Baumbach:
Jeder Moment darf achtsam wahrgenommen werden. Dabei sind uns unsere Gedanken manchmal im Weg, vor allem die weniger hilfreichen. Das Gedankenkarussell zu unterbrechen ist mitunter herausfordernd. Dafür brauchen wir interne und externe Unterstützer. So helfen unsere Sinne uns dabei, unsere Umgebung, wie die Natur bewusster wahrzunehmen. Das haben z. B. die Japaner längst erkannt und zelebrieren das „Waldbaden“. Mit intensiven Spaziergängen, die einem Eintauchen in die Waldlandschaft gleichkommt, erzielen sie Erholungseffekte ähnlich der eines Kurzurlaubes. Wir dürfen im wahrsten Sinne des Wortes mit allen Sinnen genießen, die lokale Köstlichkeit, die florale Schönheit oder den musikalischen Ohrenschmaus. Wichtig wäre auch, sich für diese Zeit von allen weiteren stressaktivierenden Medien zu trennen. Eine so genannte „digital-detox-time“ kann im Urlaub durchaus eingebaut werden. Übersetzt heißt das digitales Entgiften. Wir müssen nicht stets und ständig erreichbar sein. Schon gar nicht im Urlaub. Also Handy aus – „Zeit für sich“ an. Gleichzeitig bietet dies auch eine gute Gelegenheit, bisher verborgene Gemeinsamkeiten mit der Familie oder dem Partner zu entdecken. Kinder und Jugendliche fürchten sich generell vor der Langeweile. Dabei sind das oft die Momente, in der Kreativität entweder wieder aktiviert oder neu entdeckt werden. Vielleicht findet man im Urlaub ein neues Hobby oder entdeckt ein altes wieder? Warum nicht? Das ist die beste Zeit um neuen Gewohnheiten zu begegnen bzw. alten Tschüss zu sagen.

Um den Tag möglichst stressfrei zu erleben, darf man sich erlauben, das Wort „muss“ aus dem Wortschatz zu streichen.  Das Wort bindet viel zu große Erwartungen und baut Druck auf. Es widerstrebt jede Möglichkeit, sich im Urlaub effektiv zu erholen und eigene Bedürfnisse an- und ernst zu nehmen. Das Schreiben von Urlaubskarten ist ein gutes Beispiel dafür. Wer es nicht mag und sich eigentlich nur verpflichtet fühlt, sollte lieber keine Karten schreiben. Oder einfach mal entgegen der Gewohnheit eine Urlaubskarte an sich selbst adressieren, mit einer kleinen Erinnerung, dass das Leben auch Entspannung und Genuss verheißt.

Welche Tipps kennen Sie, um den Erholungseffekt für die Zeit nach dem Urlaub so lange wie möglich zu konservieren?
Karina Baumbach:
Wenn man dann wieder zurück ist, macht es Spaß gemeinsam den Urlaub mit vielen Fotos noch einmal Revue passieren zu lassen oder auch mit anderen zu teilen. Mit dem Erzählen werden Erinnerungen an lustige oder schöne Erlebnisse visualisiert. Das wirkt dann wie eine kleine Zeitreise „Zurück in den Urlaub“. Souvenirs helfen dabei, die Erinnerung zu verankern: Ein hübscher Stein, eine Muschel oder auch eine Feder. Wenn der Alltag einen dann wieder zurückhat, sollte man sich eine kleine Oase für 15 bis 30 Minuten schaffen. Die Erinnerungsstücke halten, die Augen schließen und sich einfach wieder an diese schöne Zeit erinnern. Tun wir das wiederholt, kann der Erholungseffekt dank der positiven emotionalen Verknüpfung immer wieder aktiviert werden. Als Ritual vor dem Schlafengehen, kombiniert mit dem Lieblingsduft und vielleicht Mediationsmusik kann es uns helfen, auch langfristig entspannt zu bleiben. Dinge, die einem guttun, sind nach 21 Wiederholungen im Unterbewusstsein verankert. In diesem Sinne: Konservieren Sie einfach Ihren Urlaub!

Vielen Dank für das interessante Gespräch.

 

 

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