Neueröffnung in Uchtspringe: Damit das Lernen wieder gelingt

Wo früher ein symbolischer Schlüssel überreicht wurde, ist es heute ein Transponder zur elektronischen Schließanlage: Jens Reimann, Leiter des Salus-Bereiches Immobilienmanagement und Bau, übergibt den unscheinbaren Chip an Schulkoordinatorin Manuela Seeger vom Landesbildungszentrum Tangerhütte.
Gemeinsame Freude über den erfolgreichen Abschluss des Investitionsvorhabens: Geschäftsführung, Krankenhausleitung und viele Besucher zollten den beteiligten Akteuren Anerkennung für die geleistete Arbeit.

Hansestadt Stendal/Uchtspringe. Nach anderthalbjährigen Umbau- und  Sanierungsarbeiten wurde im Salus-Fachklinikum Uchtspringe am 1. Juni 2018 die Neueröffnung des Hauses 48 als Klinikschule gefeiert. Hier werden jetzt die schulpflichtigen Patientinnen und Patienten der Kliniken für Kinder– und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie unterrichtet. Deren Beschulung erfolgt im Rahmen der Therapie in Kleingruppen oder einzeln durch Lehrkräfte des Landesbildungszentrums Tangerhütte sowie des Rudolf-Hildebrand-Gymnasiums Stendal. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher nutzten den Tag der offenen Tür am 1. Juni, um die modernen Klassenzimmer - darunter Fachkabinette für Physik, Chemie, Musik und Kunst - zu besichtigen und sich über das spezielle Schulkonzept zu informieren. Zum Auftakt der Veranstaltung wurde der Abschluss des 2,4 Millionen Euro schweren Investitionsvorhabens gewürdigt werden, um den beteiligten Akteuren für ihre Arbeit zu danken und den neuen Nutzern den symbolischen Schlüssel – in diesem Fall einen Transponder zur elektronischen  Schließanlage - zu überreichen.

Begonnen wurde der Umbau des denkmalgeschützten Uchtspringer Hauses 48 zur Klinikschule im Dezember 2016. Bei dem Projekt handelt es sich um eine wichtige Ergänzung zum benachbarten Neubaukomplex der Kliniken für Kinder– und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, der im Herbst 2016 in Betrieb genommen worden war. Das Gesamtvorhaben wurde mit Zustimmung der Gemeinsamen Kommission sowie der Landesregierung Sachsen-Anhalt aus Benutzerbeiträgen der Krankenhäuser gefördert.

In den drei Geschossen der Klinikschule, die über eine Bruttogrundfläche von insgesamt 1.600 Quadratmetern verfügt, wurden 12 Klassenzimmer eingerichtet.  Unter anderem gibt es Fachkabinette für Physik, Chemie, Musik und Kunst sowie ein Computerkabinett und eine Therapieküche. Außerdem stehen hier Räume für Sozialpädagogik, Logopädie und für den Unterricht gehörloser Patienten zur Verfügung. Zur modernen technischen Ausstattung des barrierefrei zugänglichen Hauses gehören u.a. WLAN, eine elektronische Schließanlage sowie eine Beleuchtungssteuerung in Abhängigkeit vom Tageslichteinfall. Die Schulhofgestaltung folgte ähnlichen Linien und Elementen, wie sie schon bei den Außenanlagen am Neubau der Kinder- und Jugendpsychiatrie eingesetzt wurden. Die Fassade und die Holzfenster wurden unter Prämissen des Denkmalschutzes saniert.

Die Uchtspringer Klinikschule ist ein Außenstandort des Landesbildungszentrums Tangerhüt-te. Hier werden Kinder und Jugendliche unterrichtet, die aufgrund einer psychischen oder psychosomatischen Störung bzw. Erkrankung im Fachklinikum behandelt werden. Es  gibt neun Lerngruppen, in die sie je nach Erkrankungsverlauf, Belastbarkeit und individuellem Leistungsstand schulform- und jahrgangsübergreifend integriert werden. Bei Bedarf ist auch Einzelunterricht in der Schule oder auf den Stationen möglich.

Die Beschulung erfolgt derzeit durch elf Lehrerinnen und Lehrer des Landesbildungszent-rums Tangerhütte sowie des Rudolf-Hildebrand-Gymnasiums Stendal. Sie sind tageweise in Uchtspringe tätig und arbeiten eng mit den therapeutischen Teams der Klinik zusammen, denn: Beim Schulbesuch innerhalb einer kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlung geht es nicht nur um Lehrstoffvermittlung, sondern um die Förderung von angemessenem Sozialverhalten, Alltagsstruktur, Motivation und Selbstbewusstsein.

„Bei fast allen unserer Patienten haben sich in Wechselbeziehung zu gesundheitlichen, familiären und sozialen Problemen auch massive Schulschwierigkeiten, Schulängste bis hin zur Schulvermeidung entwickelt“, erklärt Dr. Ute Ebersbach, Chefärztin der Klinik II. Die Beschulung habe deshalb einen ganz besonderen Stellenwert, sei Teil des diagnostischen und therapeutischen Prozesses.

„Mit zunehmender Tendenz leiden bereits Kinder im Grundschulalter unter Ängsten und Aversionen, die zu passiver Abwesenheit im Unterricht oder aktiver Verweigerung geführt haben“, ergänzt Dr. Beate Schell, Chefärztin der Klinik I. Große Herausforderungen bringe auch die schulische Förderung von Patienten mit sich, deren psychische Probleme mit einer geistigen Behinderung oder Wahrnehmungsstörung zusammenhängen. 

„Anfangs ist es oft sehr schwierig, den angestauten Frust, die Aggressivität und sogar Ab-scheu der Patienten gegenüber allem, was mit Schule zu tun hat, abzubauen“,  weiß Manue-la Seeger, die den Krankenhausunterricht in Uchtspringe koordiniert.  „Wir müssen sie dort abholen, wo sie stehen, um Vertrauen werben, ermutigen. Erfolgserlebnisse sind für diese Kinder und Jugendlichen besonders wichtig. Wenn sie erst mal wieder Mut gefasst haben, kann man auch schulisch zunehmend mehr verlangen und verstärkt in die Lerninhalte gehen.“

Nach ihrem Klinikaufenthalt kehren viele Schülerinnen und Schüler in ihre Herkunftsschule zurück. Für andere kann eine Schullaufbahnveränderung sinnvoller sein, die ihren Möglichkeiten besser entspricht. Um Übergänge zu ebnen und nötige Fördermaßnahmen anzubahnen, pflegen die klinisch und schulisch in Uchtspringe tätigen Fachkräfte schon während der Therapie eine enge Zusammenarbeit mit den Familien und anderen sozialen Bezugspersonen der Patienten sowie die Kooperation mit den Heimatschulen, Schulbehörden und Jugendämtern.

Die offizielle Eröffnung des Hauses 48 als Klinikschule erfolgte auf den Tag genau drei Jahre nach der Grundsteinlegung für den neuen Uchtspringer Kinder- und Jugendpsychiatriekomplex. Das Gesamtvorhaben mit seinen zwei Bauabschnitten ist nunmehr abgeschlossen. Das Investitionsvolumen belief sich auf insgesamt 22,8 Mio. Euro ( rund 2,4 Mio. davon für die Klinikschule). Es wurde finanziert aus Benutzerbeiträgen, die bei Krankenhausaufenthalten zu entrichten sind.  Die Förderung hatte zuvor die Zustimmung einer gemeinsamen Kommission des Landes Sachsen-Anhalt sowie der Landesregierung gefunden. Bauherr war das Salus-Fachklinikum Uchtspringe. Die Projektsteuerung oblag dem Bereich Immobilienmanagement und Bau der Salus gGmbH. Als Generalplaner agierte das Berliner Architekturbüro Ludes.