Auf die Diagnose folgt die Behandlung

Aus dem psychopathologischen Befund ergibt sich die Diagnose – das Krankheitsbild. Der*die Psychiater*in erstellt danach gemeinsam mit dem*der Patient*in einen Behandlungsplan. Dieser Plan setzt sich aus Haupttherapien und begleitenden Maßnahmen, den Komplementärtherapien, zusammen. Ziel ist es, dass jede*r Patient*in die auf ihn individuell zugeschnittene Therapie erhält.

Zu den Haupttherapien zählt die Psychotherapie als Einzel- oder Gruppentherapie sowie die medikamentöse Behandlung, soweit der Einsatz von Psychopharmaka unumgänglich ist. Die begleitenden Komplementärtherapien fördern beispielsweise die Eigen- und Fremdwahrnehmung des Patienten, stärken die Kommunikationsfähigkeit und das Selbstwertgefühl. Sie finden vor allem in den Therapieräumen von Krankenhäusern Anwendung, da hier die benötigten Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Therapiemethoden

  • Psychotherapie

    Bei der Psychotherapie stehen Gespräche des Patienten mit dem behandelnden Arzt oder Therapeuten im Vordergrund. In diesen Settings mit unterschiedlichen Methoden der Gesprächsführung ist allein der Betroffene mit seinen Problemen, Ängsten und Sorgen im Mittelpunkt. Psychotherapie kann sowohl im Einzelgespräch als auch in einer Gruppe von fünf bis zehn Patienten unter therapeutischer Anleitung erfolgen. Unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse und Anforderungen werden in der Gruppe gemeinsam Probleme aufgearbeitet und Lösungsstrategien zur Konfliktbewältigung entwickelt. Durch die Mechanismen der Gruppendynamik erleben sich die Patienten mit ihrer Krankheit nicht mehr als allein und werden ermutigt, über ihre Situationen und Probleme offen zu sprechen.

  • Psychopharmaka

    Psychopharmaka

    Als Ursache für eine Vielzahl von psychischen Störungen wie zum Beispiel Depressionen, Schizophrenie, Angstzuständen oder Panikattacken wird ein Ungleichgewicht im Neurotransmitterhaushalt vermutet. Neurotransmitter sind Botenstoffe, die im Gehirn und Rückenmark Informationen von einem Neuron an ein anderes weiterleiten. Zu den wichtigsten Neurotransmittern zählen Noradrenalin, Serotonin, Dopamin und GABA.

    • Noradrenalin: Steuert die psychische Stressanpassung und steigert beispielsweise Motivation, Aufmerksamkeit sowie geistige Leistungsfähigkeit
    • Serotonin: Steuert die Wahrnehmung und beeinflusst unter anderem den Schlaf, den Appetit, die Temperaturregulation sowie das Schmerzempfinden
    • Dopamin: Wirkt sich unter anderem auf die Koordination, Motorik, Konzentration, Motivation, Appetitregulation sowie geistige Leistungsbereitschaft aus und steht in enger Wechselwirkung mit dem Serotonin

    Um ein „zu viel oder zu wenig“ an Botenstoffen im Neurotransmitterhaushalt auszugleichen, werden zur Behandlung dieser Störungen Psychopharmaka wie Antidepressiva, Neuroleptika und Tranquilizer eingesetzt.

  • Elektroheilkrampftherapie (EKT)

    Elektroheilkrampftherapie (EKT)

    Bei der EKT wird unter Narkose mit vollständiger Muskelentspannung durch einen kurzen elektrischen Reiz des Gehirns ein generalisierter Krampfanfall ausgelöst, der zu neurochemischen Veränderungen um Neurotransmitterhaushalt führt. Trotz aller Kritik gehört die EKT zu den wirksamsten Therapien und wird nur bei Patienten mit entsprechender Indikation eingesetzt. Insbesondere bei schweren Depressionen mit Suizidabsichten oder schizoiden Schüben führt die EKT zu einer schnellen Verbesserung des Gesundheitszustandes und kann daher lebensretten sein. Nebenwirkungen wie zum Beispiel Gedächtnisstörungen sind in der Regel von vorrübergehender Natur.

  • Snoezelen

    Snoezelen

    Snoezelen ist ein Kunstwort aus dem Niederländischen und setzt sich aus „snuffelen = schnüffeln“ und „doezelen = dösen“ zusammen. Bei Snoezelen werden auf einer „Insel der Ruhe“ alle menschlichen Sinne mit dem Ziel der völligen Entspannung und Erholung bei gleichzeitiger Stärkung der sensitiven Wahrnehmung angesprochen, ohne dabei intellektuelles Verstehen vorauszusetzen. In einer warmen, phantasievoll gestalteten Sitz- und Liegelandschaft wird der Patient mit auf ihn abgestimmter leiser Musik, angenehmen Lichteffekten und wohlriechenden Düften zum Träumen animiert. Dabei werden schöne Erinnerungen wachgerufen und die Anforderungen des Alltags treten in den Hintergrund. Snoezelen wird bei den unterschiedlichsten psychischen Störungen als ganzheitliche Therapie im Umgang mit Angst, Unsicherheit und Stress eingesetzt.

  • Kunsttherapie

    Kunsttherapie

    Die Kunsttherapie zielt als ganzheitliche Behandlung auf eine breite Palette von Effekten ab. Zum einen werden individuelle Themen sowohl sinnlich als auch geistig erfasst und verarbeitet. Mit den Werken als Ausdruck bewusster und unterbewusster Gefühle und Bedürfnisse setzt sich der Patient mit seiner eigenen Persönlichkeit auseinander. Zum anderen wird die Entwicklung von Identität und Autonomie gestärkt, da die kreative Betätigung das Selbstvertrauen stabilisiert. Kunsttherapie bietet sich außerdem für die Kommunikation und Interaktion in den Fällen an, in denen Patienten aus verschiedenen Gründen die Sprache verweigern oder sich nicht verbal ausdrücken können.

  • Musiktherapie

    Musiktherapie

    Musik ist im Rahmen der Behandlung psychisch kranker Menschen eine Therapieform mit unterschiedlichen Konzepten zur Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung der geistigen und körperlichen Gesundheit. In der aktiven Musiktherapie geht es dabei nicht nur um das Hören von Musik, sondern um das eigene, improvisierte Musizieren als Mittel der Kommunikation. Der Patient wählt im Setting ein Instrument, meist intuitiv, das ihm in der jeweiligen Situation gut tut. Über die Musik kann das eigene Erleben ausgedrückt und kommuniziert werden.

  • Ergotherapie

    Ergotherapie

    Die Ergotherapie soll das Bewusstsein für die eigenen Fähigkeiten erwecken und diese fördern. Sie stärkt durch konkrete, individuell angepasste Tätigkeiten, wie Selbstversorgung, Freizeitgestaltung oder Produktivität gezielt die Beziehungs- und Handlungsfähigkeiten des Patienten. Die Therapieform unterstützt eine Vielzahl von therapeutischen Bereichen, von der realistischen Selbstwahrnehmung mit entsprechender Einsichts- und Erlebnisfähigkeit angefangen über den Aufbau von Selbstvertrauen bis zum Abbau von Ängsten und Spannungen. Dabei werden Kommunikations- und Entscheidungsfähigkeit sowie Eigeninitiative gefördert, zudem wird der Umgang mit Nähe und Distanz, aber auch mit aggressiven Impulsen erlernt.

  • Bewegungstherapie

    Bewegungstherapie

    Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen – mit unseren fünf Sinnen nehmen wir unsere Welt wahr, treten mit ihr in Kontakt und erleben sie nicht nur als sinnlich, sondern auch als sinnvoll. Bei psychisch Kranken ist die Wahrnehmung der Umwelt, aber ebenso die der eigenen Person oft gestört. Die Bewegungstherapie macht dieses sinnliche und sinnvolle Erleben wieder bewusst und fördert es. Der Patient soll seine eigene Vitalität spüren; Freude an Bewegung erhalten und sich dabei in seinem Körper wohl fühlen. Das eigene Körpergefühl wird verstärkt, der Unterschied zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung verdeutlicht und ein Gespür für die Gestaltung von Zeit, Kraft und Raum vermittelt.

Sämtliche Texte dieser Rubrik stammen von Christfried Tögel und Peter Wellach.