„Monopoly“ wird aus dem Schrank geholt und gespielt, als ginge es um das wahre Leben: Straßen kaufen? Häuser bauen? Geld einsetzen oder besser behalten? Die Spannung steigt, die Wangen glühen. Und die Zeit, sie gleitet dahin. Bald schon wird jemand verlieren und weitere werden folgen. Nur eine oder einer kann gewinnen, so ist es eben. Es wird gelacht. Und ja: Es wird sich auch geärgert, das gehört dazu. Aber am Ende wird es sich gut anfühlen, weil alle gewonnen haben: Familienzeit. Spielezeit. Beste Zeit.
Eine schöne Vorstellung, wie sie sich Pädagog*innen und Erzieher*innen in Familien landauf, landab wünschen. Denn es ist eigentlich eine Binsenweisheit, die – danach gefragt – Corina Vogler gern weitergibt: „Spiele, insbesondere Gesellschaftsspiele, haben einen hohen, nicht zu unterschätzenden Stellenwert in der Entwicklung und Förderung von Kindern und Jugendlichen“. Die staatlich anerkannte Erzieherin und Familienhelferin der Salus gGmbH sieht es in ihrem Arbeitsalltag bestätigt: „Beim Spielen können Kinder ihrer Phantasie und Kreativität freien Lauf lassen. Sie üben Sprache, Rede und Gegenrede, den Umgang mit anderen, aber ebenso Fingerfertigkeit und Geschick. Außerdem sind Geduld, Ausdauer, Konflikt- und Kompromissfähigkeit, natürlich Konzentration sowie Merkfähigkeit gefragt ...“ Sie hält kurz inne, um Luft zu holen. „Es sind so viele wertvolle Aspekte, die das gemeinsame Spiel vereinigt. Einer der wichtigsten ist der Zusammenhalt in der Gruppe. Dieses Gefühl von Geborgenheit und des ‚Angenommenseins’ macht Kinder fürs Leben stark. Viele Kinder können nicht mehr spielen, schon gar nicht gemeinsam mit anderen. Sie sind es von Zuhause gewohnt, sich überwiegend allein vor dem Fernseher, mit dem Computer oder dem Smartphone zu beschäftigen.“ Nicht wenige Eltern schauten weg, manche wüssten es nicht besser. „Deshalb ist es unsere Aufgabe, Eltern wie Kindern zu zeigen, wie das geht.“
So will Spielen mit all seinen Regeln und Grenzen – so ungewöhnlich es klingt – gelernt sein. „Manch einer überwindet die Scheu schneller und die Neugierde siegt“, beschreibt die Erzieherin ihre Erfahrung. „Je länger und öfter gespielt wird, umso mehr trainieren die Kinder und Jugendlichen mit Spaß und Freude die vielfältigsten Kompetenzen.“ Nicht zuletzt auch ihre seelische und körperliche Widerstandskraft im Umgang mit Niederlagen: Psycholog*innen sprechen von Resilienz, die bestärkt, Krisen und Ausnahmesituationen des Lebens besser zu bewältigen. Zudem bringt geselliges Spiel Struktur in den Alltag. Auf Rituale wie einen verlässlich-regelmäßigen gemeinsamen Spieleabend in der Woche kann sich die ganze Familie freuen.
Ob Backgammon, Halma oder Dame – Gesellschaftsspiele können heute ebenso konventionell wie auch digital am Computer gespielt werden. Diese technische Entwicklung zu akzeptieren und mitzugehen, fällt den Älteren mitunter schwer. Doch Kinder sind hineingeboren in unsere digitale Welt. Hier kennen sie sich aus, während Erwachsene damit zuweilen überfordert sind. So sollten sich Eltern von ihrem Nachwuchs viel häufiger Computer- und Videospiele und deren Regeln erklären lassen. Dieser Positionswechsel stärkt zudem das Selbstwertgefühl des Kindes. „Nur gemeinsam kann Zusammenhalt, vertrauensvolles Miteinander und auch ein innerfamiliärer Dialog wachsen“, sagt Corina Vogler mit Überzeugung. „Wichtig sind Nähe, Zuwendung und zeitliche Spielbegrenzung, um die Kinder in einem vielfältig-komplexen und stetig wachsenden Kosmos virtueller Realitäten nicht allein und sich verlieren zu lassen.“ So komme es – analog oder digital – immer auf das rechte Maß beim Spielen an. Und zu guter Letzt doch um den Gewinn der gemeinsam verbrachten Zeit.
Fachliche Begleitung: Corina Vogler,