Die Geschichte des Spiels ist so alt wie die Menschheit selbst. Niemand kann sagen, wann genau der Mensch damit begann, Würfel zu werfen, Karten zu wechseln oder Spielfiguren über ein Brett zu ziehen. Spielen ist Lust. Spielen ist Leben. Spielen kann Last sein. Wann haben Sie das letzte Mal gespielt? Vielleicht ist in der jetzigen Zeit die beste Gelegenheit dafür!
Er zählt zu seine frühesten Erinnerungen, sagt Hubert S., jener Tag, an dem er zusammen mit seinem Bruder eine Spielesammlung mit „Dame“, „Halma, aber vor allem einem „Mensch ärgere Dich nicht“ geschenkt bekam. „Wir haben, wann immer es ging, den Brettspiel-Klassiker gespielt. Gewürfelt wurde mit einem Becher. Ihn langsam anzuheben, um zu schauen, ob es die ersehnte Sechs war ... Mein Bruder, ja auch ich, wir konnten uns so herrlich ärgern. Das Spiel hat uns auf einiges im Leben vorbereitet“, lächelt der knapp Vierzigjährige. Er spielt es noch immer. Er spielt es einfach gern.
Mutig sein und Neues wagen
Weltweit finden sich Menschen jeden Alters in Familie oder im Freundeskreis in der Wohnung, der Kneipe, im Klub oder auf der Straße für geselliges Spiel zum vergnüglichen Zeitvertreib zusammen. Sie suchen und finden Gemeinschaft, Spaß und Unterhaltung, Freunde und Freude, Entspannung und manche ihr Glück. Sie folgen einem ureigenen Spieltrieb und damit ganz unbewusst dem Geheimnis unserer Entwicklung: Der Mensch lernt am besten, wenn er spielt. Bereits die Kleinsten spielen sich mit Begeisterung ins Leben und bewältigen ein schier unübersehbares Lernpensum zwischen Versuch und Irrtum. „Spielen trainiert Wahrnehmung, Konzentrations- und Merkfähigkeit, logisch-strategisches Denkvermögen, aktive Problemlösung, auch die Motorik, und darüber hinaus Kreativität und Phantasie“, fasst Pädagoge Christoph Plock zusammen, der bei Salus als Teamleitung 11- bis 16-jährige Kinder und Jugendliche und ihre Familien betreut. Spielen sei außerdem ein Spiegelbild unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens, in dem es darauf ankomme, geltende Regeln einzuhalten, in deren Rahmen verschiedene Wege auszuprobieren, den richtigen zu finden, dabei, ja, Spaß zu haben, es aber eben auch auszuhalten, wenn es ernst wird – schlussendlich die Fähigkeit zu schulen, mit Niederlagen umzugehen und den Status des „Verlierens“ aushalten zu lernen. Und vielleicht ist das die größte Herausforderung im Spiel wie im Leben, sagt Plock: Immer wieder mutig Neues zu wagen, selbst wenn es schwerfallen mag. Was im Übrigen für alle Generationen gilt. In diesem Sinne ist das Spiel als Tätigkeitsform (althochdeutsch: spil für „Tanzbewegung“) für jeden und für jede Altersgruppe multitalentiert.
Gemeinsam statt einsam
Brett-, Würfel- und Kartenspiele zählen bis heute zu den Favoriten unter den herkömmlichen Gesellschaftsspielen. Die ersten nachgewiesenen werden in der Wissenschaft auf bis zu 5.000 Jahre v. Chr. datiert. Die alten Ägypter kannten z.B. das „Königliche Spiel von Ur“, ein klassisches Verfolgungsspiel, das man ebenso mit Würfeln spielte wie „Senet“ (altägyptisches Verb für „durchschreiten“ oder „passieren“). Heute sind Gesellschaftsspiele auch digital verfügbar und fordern noch immer (im Gegensatz zu vielen anderen weit verbreiteten Spielen der Jetztzeit) zum gemeinsamen – nicht einsamen – Spiel heraus. Und ja: Spielgewinn macht glücklich, ein Gefühl, nach dem man süchtig werden kann. Umso mehr wird für immer die Herausforderung bleiben, die Disziplin über die Spiellust und nicht umgekehrt, die Spiellust über die Disziplin triumphieren zu lassen – was in der Gemeinschaft und festgelegten Spielzeiten in der Familie viel leichter gelingt.
Spiel als Stresskiller
Und spätestens hier offenbart das Gesellschaftsspiel seinen großartig verbindenden Charakter: Gespielt werden kann es von Klein bis ganz Groß, von Jung bis Alt, unabhängig, welchem Land, welcher Kultur oder welcher Sprachfamilie die Mitspielenden angehören. Spielen ist für die meisten Menschen die leichte Kunst, sich auf andere einzulassen und neben Nähe und Vertrauen Spaß in Gemeinschaft zu erleben. Lachen und Glücklichsein entspannen Körper und Geist. In psychologischen Fachkreisen gilt Spielen als der ultimative Stresskiller überhaupt. „Es tut einfach gut, die Welt da draußen eine Weile auszublenden. Und man bleibt fit im Kopf“, sagt auch Hubert S. und freut sich über seinen junggebliebenen Spielesinn, denn mittlerweile spielt er „Mensch ärgere Dich nicht“ mit seinen Kindern als gelungene Brettspielumsetzung auf Tablet. Und entspricht damit ganz der Erkenntnis des US-amerikanische Arztes und Essayisten Oliver Wendell Holmes (1809-1894, der konstatierte: „Menschen hören nicht auf zu spielen, weil sie alt werden. Sie werden alt, weil sie aufhören zu spielen.“
Wann haben Sie das letzte Mal gespielt?