ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung


ADHS ist eine Störung, bei der die Fähigkeiten zur Steuerung der Konzentration, der Gefühle und der Selbstkontrolle betroffen sind. Die Abkürzung steht für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Ihre Hauptmerkmale sind Aufmerksamkeits- und Konzentrationsmangel, starke Impulsivität und körperliche Unruhe. Diese Symptome treten individuell unterschiedlich stark und mit geschlechtsspezifischen Unterschieden auf. Der Volksmund bezeichnet ADHS in Anlehnung an die Geschichte aus dem „Struwwelpeter“-Buch des Psychiaters Heinrich Hoffmann auch als „Zappelphilipp-Syndrom“. Viele Betroffene leiden an weiteren seelischen Problemen. Sehr häufig geht die Störung mit aggressivem Trotzverhalten einher.

Wichtigste Fragen zu ADHS

  • Was sind die Anzeichen von ADHS?

    Die Anzeichen für ADHS sind bei vielen Kindern spätestens im Alter von fünf bis sechs Jahren gut erkennbar. Ihnen fehlt die ihrem Alter angemessene Konzentrationsfähigkeit. Sie bringen zum Beispiel kein Spiel zu Ende, sind leicht abzulenken und zerstreut, lassen oft Sachen liegen, machen Flüchtigkeitsfehler, handeln impulsiv und planlos, sprechen dazwischen, schreien, rennen, springen, sind ständig in Bewegung. Auf Ermahnungen reagieren sie nicht selten mit Wutanfällen. Ein Teil der Kinder wirkt aber auch auffallend verträumt, saumselig und abwesend. Die Schwierigkeiten verschärfen sich fast immer mit der Einschulung. Vielfach ist das Schriftbild der Kinder sehr schlecht. Mangelnde Konzentration und Ausdauer führen zu Leistungsschwäche, impulsives Verhalten zu Konflikten mit Lehrern, Mitschülern und Eltern.

  • Was sind die Ursachen von ADHS?

    Die Forschung zu den Ursachen von ADHS ist noch nicht abgeschlossen. Nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft sind biologische Faktoren zu einem großen Teil an der Entstehung der ADHS beteiligt, Vererbung gilt als sehr wahrscheinlich. Bei Untersuchungen der Botenstoffe, die für den Informationsfluss zwischen den einzelnen Hirnzellen sorgen, konnten teilweise typische Veränderungen bei Kindern mit ADHS nachgewiesen werden. Von dieser „Kommunikationsstörung“ betroffen sind insbesondere Hirnregionen, die für die Planung von Handlungen, für die Steuerung von Bewegungen und für die Weiterverarbeitung einströmender Umgebungsreize verantwortlich sind. Weitere genetische Faktoren, Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen, soziale Bedingungen und belastende Lebensereignisse können die Entwicklung einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung begünstigen und ihren Schweregrad beeinflussen. Rauchen, Alkohol und Drogen während der Schwangerschaft erhöhen das ADHS-Risiko deutlich.

  • Wie wird ADHS diagnostiziert?

    Die Übergänge zwischen einer sehr lebhaften, zerstreuten Persönlichkeit und dem psychischen Störungsbild ADHS sind fließend. Anhand weltweit anerkannter Standards lässt sich ADHS von Fachleuten heute jedoch sicher erkennen. Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit müssen deutlich stärker ausgeprägt sein als bei gleichaltrigen Kindern und Jugendlichen. Als zusätzliche Merkmale gelten ein Beginn vor dem 12. Lebensjahr und anhaltende erhebliche Beeinträchtigungen (mindestens sechs Monate lang) in verschiedenen Lebensbereichen (Familie, Kindergarten, Schule, Freizeitaktivitäten). Zur Diagnostik gehören Gespräche, Fragebögen, psychologische Tests und medizinische Untersuchungen. Dabei wird auch geklärt, ob die Symptome eine organische Ursache haben. Neben der gründlichen Erhebung der Vorgeschichte des Kindes und der Familie haben die Beobachtungen von Eltern, Erziehern und Lehrern wichtigen Anteil am Gesamteindruck.

  • Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

    Es gibt nicht die eine ADHS-Therapie, die für alle geeignet ist. Am Anfang steht immer die ausführliche Beratung von Eltern und Kind. Aus dem psychotherapeutischen Spektrum hat sich bei ADHS die Verhaltenstherapie nach einem individuellen Behandlungsplan bewährt. Je nach Problemlage des Patienten setzt sie in der Familie, im Kindergarten bzw. in der Schule an. Eltern und andere Bezugspersonen des Patienten werden aktiv in die Therapie einbezogen. Je jünger die Kinder sind, umso wichtiger ist die Arbeit mit den Eltern. Bei ausgeprägter ADHS-Symptomatik und hohem Leidensdruck können Medikamente helfen, sofern sich der Zustand durch Psychotherapie nicht ausreichendend bessern lässt. Sie können aber auch nötig sein, um weiterführende Therapien überhaupt erst zu  ermöglichen. Wie bei jeder anderen Medizin wird beobachtet, ob Nebenwirkungen auftreten. Manchmal kann es auch etwas dauern, bis das Medikament und die Dosierung herausgefunden werden, die dem Kind am besten helfen.

  • Welche Folgen kann eine ausbleibende Behandlung haben?

    Die Aufmerksamkeits-Defizit-Störung bildet sich zwar in der Kindheit heraus, bleibt jedoch bei etwa der Hälfte aller Betroffenen bis ins Erwachsenenalter bestehen. Über die Jahre hinweg nehmen die Hyperaktivitätssymptome meist ab. Konzentrationsschwierigkeiten, Vergesslichkeit oder Probleme bei der Organisation des Alltags können den Betroffenen jedoch weiterhin das Leben in fast allen Bereichen schwermachen. Wird die Störung nicht behandelt, steigt das Risiko für Unfälle, schulische und berufliche Misserfolge, familiäre Probleme bis hin zum sozialen Abstieg und zur Isolierung. Hinzu kommt eine höhere Anfälligkeit für psychische Erkrankungen wie Sucht, Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen als bei Menschen ohne ADHS.

  • Wie kann man als Angehöriger die Behandlung unterstützen?

    Kinder mit ADHS brauchen eine konsequente und liebevolle Führung. Dazu gehören häufiges und unmittelbares Lob, klare Strukturen (z. B. ein Wochenplan), feste Verhaltensregeln, eindeutige Kommunikation und unmittelbare Konsequenzen bei Regelverletzungen. Ein Belohnungssystem (Punkte sammeln) kann sie zur Einhaltung vereinbarter Regeln motivieren. Da ADHS-Kinder auf   Reizüberflutung empfindsam reagieren, sollten zu Hause unnötige Stressfaktoren (z. B. Lärm, übermäßiger Medienkonsum, Unordnung) vermieden werden. Verhaltensauffällige Kinder fordern unendlich viel Kraft und Geduld von ihren Eltern. Es ist deshalb wichtig, auch für sich selbst zu sorgen. Der Austausch in einer Selbsthilfegruppe kann unterstützen und bestärken.

  • Wie kann man ADHS dem Umfeld vermitteln?

    Im sozialen Umfeld haben Gespräche mit Lehrern bzw. Erziehern höchste Priorität. Bestenfalls vermuten die Pädagogen bereits, warum das Kind bzw. der Jugendliche überall aneckt, häufig sind sie jedoch nicht ausreichend über die Hintergründe von ADHS informiert. Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter können dabei helfen, Klassenkameraden die Besonderheiten ihres Mitschülers zu erklären – sofern der Betroffene das möchte. Dazu gehört auch, für seine Stärken zu sensibilisieren: Menschen mit ADHS sind z. B. oft kreativ, witzig und originell, schnell im Denken, einfühlsam, hilfsbereit und gerechtigkeitsliebend. Entlastend kann auch die Aufklärung von Verwandten, Freunden und Bekannten wirken. Grundsätzlich gilt es zu vermitteln, dass Kinder mit ADHS nicht absichtlich ungehorsam oder schlecht erzogen sind. Befindet sich das Kind in Behandlung, beraten die Therapeuten die Eltern auch zur Einbeziehung des Umfelds.

  • Welche Hilfen bietet Salus?

    Bei der Salus werden Kinder und Jugendliche mit Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörungen ambulant, tagesklinisch oder vollstationär behandelt. Die kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken und Einrichtungen verfügen über die zur ADHS-Diagnostik und -Behandlung erforderlichen Methoden. Eltern bzw. andere Sorgeberechtigte sind grundsätzlich eng eingebunden. Teilweise haben sie auch die Möglichkeit, an verschiedenen Formen der Mehrfamilientherapie teilzunehmen, um sich mit anderen Eltern über ihre Probleme auszutauschen und voneinander zu lernen.  Unabhängig vom Therapierahmen kommt den Patientinnen und Patienten die gesamte berufsgruppenübergreifende Kompetenz der Salus-Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und –psychosomatik zugute.

    Spezialisierte Angebote zur vollstationären Behandlung gibt es in Uchtspringe (Ortsteil der Hansestadt Stendal) und in Bernburg.

    In den kinder- und jugendpsychiatrischen Tageskliniken Bernburg, Dessau, Salzwedel, Stendal, und Wittenberg verbringen die Patienten den Tag gemeinsam und kehren nachmittags in ihr gewohntes Umfeld zurück. An Wochenenden und Feiertagen bleiben sie bei ihren Familien. In Salzwedel gibt es eine Familientagesklinik, wo Eltern und Kinder gemeinsam aufgenommen werden. Derzeit im Aufbau ist ein ADHS-Kompetenzzentrum, das unter dem Dach der Bernburger Tagesklinik seine Arbeit aufnehmen wird.

    Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) der Salus befinden sich in Stendal, Salzwedel, Bernburg, Dessau und Wittenberg. Ambulante Diagnostik und Therapie laufen hier wie bei niedergelassenen Ärzten nach einem Terminsystem. Ambulante fachärztliche Hilfe bieten auch die Medizinischen Versorgungszentren der Salus-Praxis in BernburgDessau-Roßlau, Magdeburg, Stendal und Wittenberg.

Autorin
Edda Gehrmann

Fachliche Begleitung
Dr. med. Edeltraud Dögel, Chefärztin, Fachklinikum Bernburg
Dr. med. Uwe-Jens Gerhard, Chefarzt, Fachklinikum Bernburg
Corinna Nels-Lindemann, Dipl.-Soz./Sozialtherapeutin
Dr. med. Ute Ebersbach, Chefärztin, Fachklinikum Uchtspringe

Hinweis
Dieser Artikel enthält allgemeine Hinweise und erhebt nicht den Anspruch, alle Facetten der komplexen Thematik zu beleuchten. Er darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden und  kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

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