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Ehrung für Wittenberger Traumahelfer-Projekt beim Integrationspreis 2017

Verleihung des Integrationspreises 2017: Joachim Perlberg, Ärztlicher Leiter der Salus-Tagesklinik Wittenberg, und Kaya Bruchhäuser vom Reithof „Maruschka“ konnten sich am 21. November 2017 über den Sonderpreis der Landesregierung freuen. Die Staatssekretärinnen im Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Susi Möbbeck (l.) und Beate Bröcker (r.) würdigten das engagierte Traumahelfer-Projekt in Wittenberg. Foto: Andreas Pinkert, MS

Das im Landkreis Wittenberg eingerichtete Projekt der fachlich angeleiteten Laienhilfe für Flüchtlingskinder mit seelischen Verletzungen wurde im Rahmen des Integrationspreises 2017 Sachsen-Anhalt ausgezeichnet.  Die Initiatoren von der Salus-Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Wittenberg und vom Reithof „Maruschka“ Meuselko erhielten bei der feierlichen Verleihung am 21. November 2018 in Magdeburg einen mit 500 Euro dotierten Sonderpreis. Gewürdigt wurde damit ihr Engagement zur Förderung einer fundierten gruppentherapeutischen Betreuung von traumatisierten Kindern und Jugendlichern. Aufgrund der anhaltend großen Nachfrage findet am 13. und 14. Januar 2018 in der Salus-Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Wittenberg ein weiterer Kurs zur Ausbildung von Traumahelfern statt. Anmeldungen sind hier ab sofort möglich.


Die Projektidee besteht darin, psychisch gefestigten und sozial engagierten Menschen ohne therapeutische Vorkenntnisse eine Schulung zum Traumahelfer anzubieten. Die Teilnehmenden erwerben dabei Grundlagenwissen, um anschließend die Gruppenarbeit mit betroffenen Mädchen und Jungen unterstützen zu können. Organisiert und geleitet wird das Wittenberger Projekt von Joachim Perlberg (Facharzt für Kinder– und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,  Ärztlicher Leiter der Salus-Tagesklinik Wittenberg) und Kaya Bruchhäuser (Erzieherin und Heilpraktikerin für Psychotherapie, Traumatherapeutin und Leiterin des Reithofes „Maruschka“ in Meuselko).

Das wissenschaftlich fundierte Curriculum zur Ausbildung von Traumahelfern wurde an der Universität Regensburg unter Leitung von Prof. Thomas Loew und Beate Leinberger entwickelt. Es entstand unter dem Eindruck des Flüchtlingsstroms, mit dem auch Mädchen und Jungen in Deutschland eintrafen, die Hunger, Bedrohung, Misshandlung und Folter aus nächster Nähe erlebt haben. Um möglichst viele von ihnen entlastend begleiten zu können, entstand als Ergänzung zum professionellen Versorgungssystem das Konzept der Hilfe durch engagierte und entsprechend geschulte Laien.  Ermutigt durch die Regensburger Erfahrungen,  gibt es seit Herbst 2016 auch im Landkreis Wittenberg ein solches Traumahelfer-Projekt.

Die bisherigen Projekterfahrungen in Wittenberg sind ermutigend. Über 80 engagierte Menschen haben schon die jeweils zweitägigen Wochenendkurse  absolviert, um sich Grundlagenwissen über kriegs– und fluchtbedingte Traumatisierungen sowie therapeutische Hilfsmöglichkeiten anzueignen. Knapp die Hälfte von ihnen ist seit Januar 2017 auch in den praktischen Abschnitt des Curriculums eingestiegen. Er beinhaltet die gruppentherapeutische Begleitung von vorerst 20 Mädchen und Jungen im Alter zwischen 10 und 18 Jahren, die schreckliches Erleben verarbeiten müssen. Die so genannten Traumagruppen finden in der Salus-Tagesklinik Wittenberg statt – getrennt nach Jungen und Mädchen.  In einer festen Abfolge stehen u.a. gemeinsames Singen, Malen sowie das Erlernen von Entspannungstechniken und Stabilisierungsübungen auf dem Programm. Ebenso werden die Sandspieltherapie und die Narrative Traumaexposition eingesetzt.

»Die Kinder und Jugendlichen lassen sich voller Ernsthaftigkeit und Vertrauen auf die Angebote ein, entwickeln ein Gefühl des Zusammengehörens«, berichtet der Kinder- und Jugendpsychiater Joachim Perlberg,  Ärztlicher Leiter der Salus-Tagesklinik Wittenberg. »Die Szenen aus ihrem Leben, die sie im Sandspiel oder beim Legen ihrer Lebenslinie mit Steinen und Blumen andeuten, sind oft von erschütternder Klarheit. Sie lassen das Ausmaß ihrer seelischen Wunden erahnen.«
Die Traumahelfer übernehmen dabei die Funktion des persönlichen Gegenübers für das Kind, helfen ihm beim Erlernen der Übungen und dokumentieren die Entwicklungsschritte durch Aufzeichnungen, Fotos und das Anlegen einer Dokumentationsmappe. Die Experten gehen davon aus, dass es den jungen Menschen anschließend besser gelingt, mit den unvermeidlichen Stressbelastungen des Alltags auch in Deutschland umzugehen und nicht immer wieder von qualvollen Erinnerungen an erlebtes Leid überflutet zu werden. So sollen auch ihre Chancen auf gelungene Integration deutlich verbessert werden.

Rückfragen an: OA Joachim Perlberg, j.perlberg(at)salus-lsa.de