Dessau-Roßlau. Dem 25jährigen Bestehen der Salus-Tagesklinik für psychisch kranke Kinder und Jugendliche Dessau-Roßlau war am 21. Mai 2025 eine ganztägige Fachtagung gewidmet. Die Veranstaltung in der Marienkirche Dessau stand unter dem Leitmotiv „Zwischen Spiegeln und Mauern – Soziale Interaktionsstörungen in der Eltern-Kind-Beziehung“. Mit rund 230 Teilnehmenden fand die Veranstaltung enorme Resonanz, längst nicht alle Anmeldewünsche konnten angesichts der begrenzten Kapazität berücksichtigt werden. Es kamen überwiegend Fachleute, die am Hilfesystem für Kinder und Familien beteiligt sind oder diese Expertise in ihre Arbeit einbeziehen wollen. Das wissenschaftliche Programm wurde ergänzt durch eine Poster-Session, in der das Konzept der Tagesklinik sowie verschiedene Therapiemethoden vorgestellt wurden. Die Veranstaltung war zugleich eingebettet in die Aktivitäten anlässlich des 150jährigen Bestehens des heutigen Salus-Fachklinikums Bernburg.
Eindrucksvolle Videosequenzen mit Assoziationen zur therapeutischen Arbeit, bezaubernde Musik, wertschätzende Grußworte, vielfältige Rück- und Ausblicke zur Einrichtungsentwicklung, hervorragende Fachvorträge und herzliche kollegiale Begegnungen: Die Tagung im schönen Ambiente der Marienkirche Dessau hatte alles, was man sich von einer Jubiläumsveranstaltung nur wünschen kann. Fast ein Jahr lang lang hatte das Organisationsteam unter Federführung des Psychotherapeutischen Leiters Steffen Orzessek, der durch die Tagung führte, sowie der chefärztlichen Assistentin Susanne Ruß diesen Tag vorbereitet, an dessen Ausgestaltung zahlreiche engagierte Akteurinnen und Akteure beteiligt waren. Dabei wurde auch gleich zu Beginn der Veranstaltung in den Grußworten von SAH-Geschäftsführer Jürgen Richter und Chefärztin Dr. med. Kirstin Palm deutlich, dass die Mitarbeitenden der tagesklinischen und stationären KJPPP-Einrichtungen in Bernburg, Dessau und Wittenberg insgesamt zu Recht stolz auf die Leistungen und Entwicklungen sein können, die sie interdisziplinär für psychisch kranke Kinder und Jugendliche sowie deren Familien vollbringen. Planungen zur Einrichtung einer Familientagesklinik in Kooperation mit der Klinik Bosse in Wittenberg und zum Aufbau einer weiteren Tagesklinik in Wernigerode oder die erst jüngst vollzogene Umwandlung einer Bernburger KJPPP-Station in ein tagesklinisches Setting zeigen, dass wohnortnahen und familienorientierten Therapieangeboten eine zukunftsfähige Bedeutung beigemessen wird.
Zum fachlichen Hintergrund der Tagungsthematik gehört, dass die am medizinisch-therapeutischen und psychosozialen Hilfesystem beteiligten Fachleute in ihrer täglichen Arbeit mit immer komplexer und stärker belasteten Familiensystemen konfrontiert sind. Vielfach tragen Interaktionsstörungen maßgeblich dazu bei, dass Eltern sich schwer in die emotionalen Bedürfnisse ihrer Kinder einfühlen und darauf eingehen können. Auch schwierige Lebensbedingungen, psychische Probleme eines Elternteils und mangelnde Unterstützung können das Miteinander erheblich stören, zu inkonsistentem Erziehungsverhalten, Überreaktionen oder sogar zur Vernachlässigung führen. Das Risiko für eine psychische Erkrankung wird dadurch erhöht, denn: Kinder sind besonders sensible Empfänger und Alarmgeber, wenn in den familiären Beziehungen etwas nicht stimmt …
Bei der Dessauer Fachtagung wurden vielfältige Impulse zum grundlegenden Verständnis sozialer Interaktionsstörungen vermittelt und aufgezeigt, wie sich Familien mit therapeutischer Unterstützung aus bedrückenden Dynamiken lösen, eigene Stärken entdecken und wieder zueinanderfinden können. Wissenschaftlich fundierte Forschungserkenntnisse standen dabei ebenso im Blickfeld wie Zusammenhänge mit psychischen Erkrankungen bei Eltern und praxisbezogene Erfahrungen aus der therapeutischen Arbeit. Besonderes Augenmerk wurde auf die enorme Bedeutung familienorientierter Angebote gelegt, die zu einer Stabilisierung der sozialen Interaktionen und damit zu einer gesünderen Persönlichkeitsentwicklung der Kinder beitragen. Vorgestellt wurde beispielsweise das in der Tagesklinik Dessau vor mehr als einem Jahr etablierte Konzept „Familie in Therapie“ (FiT). Dabei werden Eltern sowie andere enge Bezugspersonen der jungen Patient*innen ganztägig in die Behandlung einbezogen und die Eltern-Kind-Interaktion ins Zentrum der Behandlung gerückt.
Die Salus-Tagesklinik für Kinder und Jugendliche in Dessau-Roßlau gehört zum Fachklinikum Bernburg und wurde im Frühjahr 2000 eröffnet. Sie war anfangs in der Rheinstraße und seit 2009 in der Schillerstraße ansässig. Im Jahr 2022 erfolgte Umzug in die heutigen Räumlichkeiten auf dem ehemaligen Gelände des Robert-Koch-Krankenhauses Dessau-Alten in der Köthener Straße 93, wo die Kapazität bedarfsgerecht von anfangs 12 auf nunmehr 18 Therapieplätze erhöht werden konnte. Die Einrichtung nimmt Mädchen und Jungen im Alter zwischen ca. fünf und 18 Jahren auf, die unter psychischen Störungen leiden, bei denen sich ambulante Behandlungsangebote als nicht mehr ausreichend erwiesen haben. Ein wichtiger Vorteil der teilstationären Behandlung besteht darin, dass die Kinder und Jugendlichen in ihrem gewohnten Umfeld verbleiben können und sich stationäre Behandlungen vermeiden oder verkürzen lassen. Mehr zur Tagesklinik finden Sie hier.
Einige Streiflichter von der Jubiläumsfachtagung finden Sie nachfolgend in unserer Bildergalerie: